Eine junge Aktivistin entkommt nach einer Protestaktion der Polizei und irrt tagelang durch den Wald. Dort trifft sie auf eine mystische Kommune.
Eine junge Aktivistin entkommt nach einer Protestaktion der Polizei und irrt tagelang durch den Wald. Dort trifft sie auf eine mystische Kommune.
Crossing Europe

Eine Maske versteckt und schützt ihren Träger. Abendland von Omer Fast zeigt eine junge Aktivistin mit Angela-Merkel-Maske vor dem Gesicht. Sie flüchtet im Wald vor der Polizei, stürzt, bleibt verletzt im Brombeerdickicht liegen und wacht mitten in einer abgeschotteten Kommune wieder auf. Dort im Wald tragen alle Masken. Eine utopische Alternative zum gescheiterten deutschen Staat? Oder doch eine Dystopie? Abendland wirft unangenehme Fragen auf, die sich Aktivistinnen und Aktivisten stellen müssen – und Merkel wird darin zum Flüchtling.

Die 21. Ausgabe des Crossing-Europe-Filmfestivals macht Linz wieder zum Mittelpunkt des europäischen Kinos. Das Programm besteht aus 144 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilmen, die sich thematisch eines breiten Spektrums bedienen. Dabei werden die großen Themen der Gegenwart verhandelt: Migration und der Krieg in der Ukraine, Feminismus und LGBTQ-Themen – zum ersten Mal widmet das Crossing Europe auch dem Klimaaktivismus einen Schwerpunkt. Daraus ergibt sich eine nicht immer ganz angenehme Reise quer durch die europäische Filmlandschaft.

Vielfältiges Programm

Bereits zur Eröffnung serviert Crossing Europe einen vielfältigen Mix verschiedener Genres: In Ellbogen von Aslı Özarslan flüchtet eine junge Frau nach einem fatalen Zwischenfall im Berliner Nachtleben in das ihr so fremde Istanbul. Housekeeping for Beginners von Goran Stolevski ist ein tragikomisches Familienporträt und erzählt von Queerness in Nordmazedonien. Im deutsche Horrorfilm Cuckoo durchlebt US-Schauspielerin Hunter Schaefer einen Albtraum in den bayerischen Alpen. Der Dokumentarfilm Gerlach von Aliona van der Horst hingegen begleitet in poetischer Bildsprache einen der letzten niederländischen Ackerbauern der alten Schule.

Verdichtet wird das Programm durch kuratierte Sonderreihen. Die Programmsektion "Arbeitswelten" von Lina Dinkla und Katharina Franck beschäftigt sich mit dem Spannungsfeld zwischen Beruf und Aktivismus und den realen Arbeitsbedingungen des 21. Jahrhunderts. In der von Lotte Schreiber kuratierten Reihe "Architektur und Gesellschaft" werden Dokumentarfilme versammelt, die das gemeinschaftliche Leben im Kontext architektonischer oder ökologischer Rahmenbedingungen beleuchten. Markus Keuschnigg präsentiert in seiner Programmschiene "Nachtsicht" fantastische Filme wie den dänischen Psychothriller Nightwatch. Dort kann man schwitzen, zittern, aber auch lachen.

Schwere Kost

Zum Abschluss am 5. Mai wird die Kost noch einmal schwer. In ihrem zweiten Spielfilm Ivo erzählt Regisseurin Eva Trobisch die Geschichte einer Palliativpflegerin (Minna Wündrich), die täglich mit dem Tod konfrontiert ist. Die Betreuung der an ALS erkrankten Solveigh (Pia Hierzegger) bringt sie schließlich an die Grenzen der Belastbarkeit. Das Rahmenprogramm bei freiem Eintritt umfasst tägliche Diskussionen mit internationalen Gästen. (Jakob Thaller, 30.4.2024)