ÖVP-Wien-Chef Karl Mahrer.
ÖVP-Wien-Chef Karl Mahrer sieht Wien angesichts der Zuwanderung von Flüchtlingen besonders gefordert. Für die Situation sei die Stadt aber selbst verantwortlich, befindet Mahrer. Er fordert Verschärfungen.
APA / EVA MANHART

Wien – Bei der Beschreibung des Ist-Zustands sind sich die Wiener SPÖ und die städtische ÖVP einig: Wien steht angesichts der anhaltenden Zuwanderung von Flüchtlingen vor einer ernsten Herausforderung. Während die rot-pinke Stadtregierung aber vor allem den Bund gefordert sieht und eine österreichweit geltende Wohnsitzauflage für Asylberechtigte wünscht, kritisiert die ÖVP ausschließlich das kommunale Handeln in Wien. Der Hauptgrund für die Binnenmigration von Flüchtlingen aus den anderen Bundesländern nach Wien sind laut ÖVP demnach vor allem finanzielle Sonderleistungen.

Die Bundeshauptstadt dürfe "nicht länger ein Sozialmagnet sein", befand Mahrer, der auch nichtamtsführender Stadtrat in Wien ist. "Die jahrzehntelange SPÖ-Willkommenspolitik hat Wien in eine Sackgasse geführt. Die Wiener SPÖ hat es selbst in der Hand, die Binnenmigration nach Wien spürbar zu reduzieren." Mahrer und die türkise Integrationssprecherin Caroline Hungerländer schlagen etwa eine viermonatige Wartefrist für Asylberechtigte vor, ehe sie nach einem positiven Asylbescheid Anspruch auf die volle Mindestsicherung haben. Wien müsse hier nach dem Vorbild des Burgenlands unter Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) handeln. Nach vier Monaten würde diesem ÖVP-Konzept zufolge aber kein Unterschied zum Status quo herrschen.

Bei den subsidiär Schutzberechtigten fordert Mahrer eine Schlechterstellung zur bisherigen Praxis in Wien. So sollen diese künftig nicht mehr Zugang zur Mindestsicherung haben, sondern stattdessen in der monetär deutlich schlechter gestellten Asylwerbergrundversorgung verharren. Derzeit können subsidiär Schutzberechtigte nur in Wien und Tirol auf die Mindestsicherung beziehungsweise Sozialhilfe aufstocken. Für Mahrer ist das der Hauptgrund dafür, weshalb 81 Prozent aller subsidiär Schutzberechtigten in Österreich in Wien leben. Insgesamt fallen aktuell rund 10.200 Personen in Wien unter diesen Schutzstatus.

Deutlich größer ist die Gruppe der Asylberechtigten, von ihnen leben aktuell 52.000 Personen in Wien. Für Familien mit mehreren Kindern fordert Mahrer bei der Mindestsicherung künftig Einschnitte: Die Unterstützungszahlungen pro Kind sollen analog zu anderen Bundesländern deutlich weniger werden, womit Wien weniger attraktiv würde.

Wohnsitzauflage für Mahrer diskussionswürdig

Mahrer räumte ein, dass das Phänomen Großstadt mit seinen Communitys auch auf Zuwanderer attraktiv wirke. Der Hauptgrund für die Binnenmigration von Flüchtlingen nach Wien seien dennoch die finanziellen Möglichkeiten. Die Stadtregierung hat hingegen zuletzt argumentiert, dass Wien bei den meisten Leistungen großteils im Durchschnitt liege.

Die Forderung von SPÖ und Neos nach einer Wohnsitzauflage für Asylberechtigte ohne Job – sie sollen drei Jahre lang in jenem Bundesland bleiben, das auch das Asylverfahren durchgeführt hat – hält Mahrer für diskussionswürdig. Er verwies aber gleichzeitig darauf, dass diese rechtlich "nicht unbedenklich" sei.

Bei den Asylwerbern in Grundversorgung, subsidiär Schutzberechtigten sowie ukrainischen Geflüchteten erfüllt Wien als einziges Bundesland die Versorgungsquote – und das deutlich. Strafzahlungen für säumige Bundesländer lehnt Mahrer aber ab. Stattdessen fordert Hungerländer auch bei diesem Punkt Wien zum Handeln auf: Die Stadt müsse die Praxis abstellen, Flüchtlinge in Grundversorgung zu übernehmen, deren Verfahren bereits in einem anderen Bundesland begonnen hat.

Zum Thema des Familiennachzugs von Partnern und Kindern von Asylberechtigten nach Österreich sagte Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) zu oe24.tv, dass er mit der aktuellen Situation nicht zufrieden sei. Man arbeite gerade an Verschärfungen. Nehammer sprach sich gleichzeitig gegen eine Wohnsitzauflage für Flüchtlinge aus, die auch AMS-Chef Johannes Kopf unterstützt. (David Krutzler, 30.4.2024)