Lena Schilling bei einer Rede
Lena Schilling wurde nicht konkret und kritisierte den "Zickzackkurs" der Politik.
APA/Erwin Scheriau

"Europa muss Weltmarktführer in grüner Klimatechnologie werden": Mit diesem verbalisierten Wunschtraum startete der Erste Vizepräsident des EU-Parlaments, Othmar Karas, am Dienstagabend die von seinem Bürgerinnen-Forum Europa organisierte Diskussionsrunde "Standpunkt Europa". Bis zur EU-Wahl werden Österreichs Spitzenkandidaten mit je einem Gesprächspartner diskutieren – den Anfang machten Lena Schilling (Grüne) und Erste-Group-Chef Willibald Cernko. In der Debatte in einem Wiener Ringstraßencafé ging es denn um Klimawende, Green Deal und deren Finanzierbarkeit, am griffigsten blieben meist die Fragen des Moderators und Presse-Redakteurs Wolfgang Böhm.

Er wollte zunächst wissen, ob die Klimawende denn ein wirtschaftlicher Erfolg werden könne. Schilling bejahte mit den Worten, dass die Wende "ganz viele Chancen", etwa für die Schaffung von Arbeitsplätzen, beinhalte, es brauche aber Planungssicherheit und Commitment der Wirtschaft. Auch Cernko zeigte "vollste Überzeugung", dass ein solcher Erfolg machbar sei. Er habe bei von ihm organisierten Roundtables noch niemanden getroffen, der nicht von "riesigen Chancen für diese Transformation" ausgehe. Aber alle vermissten "einen Masterplan", gab er "Lena" recht.

Erste-Group-Chef Willibald Cernko in einem Gespräch
Erste-Group-Chef Willibald Cernko sagt, dass sich die Klimaziele in Österreich ohne privates Geld nicht realisieren lassen.
Foto: Regine Hendrich

Privates Geld für Klimawende

Wie man das immens viele Geld für die für 2050 angepeilte Klimaneutralität konkret auftreiben könne? Man habe Handelsketten weltweit etablieren können, meinte Schilling sinngemäß, dann müsse auch das klappen. Jedenfalls würden, setzte man den Klimaschutz nicht um, die Schäden teurer sein. Cernko rechnete vor, dass allein in Österreich 130 Milliarden Euro nötig seien, um die Ziele für 2030 zu erreichen; das Geld von Unternehmen, Staat und EU sowie Banken werde nicht reichen. Sein Plädoyer: "Wir brauchen privates Geld, damit die Transformation zügig statt in Trippelschritten vorangehen kann. Der Kapitalmarkt braucht Kapitalisten, das müssen wir ideologiebefreit bereden."

Wut und Protektionismus

Im Laufe ihrer schnell vorgetragenen Ausführungen kritisierte die grüne EU-Kandidatin den "Zickzackkurs" der Politik, die Österreich nun wieder als "Autoland" sehe, all das mache sie "so wütend". Cernko urgierte die Stärkung des Binnenmarkts, der die EU international wesentlich wettbewerbsfähiger machen würde. Europa verharre aber im Protektionismus, was er ebenso kritisierte wie fehlende Hochleistungsstrecken zwischen EU-Hauptstädten.

Nach der Erörterung von Zielkonflikten, "von denen es so wahnsinnig viele gibt", und "unserem Leben in der Zeit des Artensterbens" (Schilling), der Sehnsucht von Unternehmen und Menschen "nach Planbarkeit und Leitplanken, auf die man sich verlassen kann" (Cernko), fragte der Moderator Schilling, wie sie als eine von mehr als 700 EU-Abgeordneten etwas bewegen wolle. Sie werde noch viel leidenschaftlicher kämpfen, antwortete die und zitierte ihre "Mama, die immer gesagt hat: Aufgeben tut man einen Brief". (Renate Graber, 2.5.2024)